Mit agiler Ambidextrie zu ganzheitlicher Disruption
- Texte werden heute meist nur noch für Suchmaschinen geschrieben
- Geschriebene Sprache färbt auf gesprochene Sprache ab – Buzzwords übernehmen die Regie
- Wie verständlich ist die IT-Fachsprache noch?
Die Headline hat Ihre Aufmerksamkeit gewonnen, aber Sie haben kein Wort verstanden? Das ist nachvollziehbar… Leider kann ich Ihnen da auch nicht weiterhelfen.
Deutsch für Spezialisten
Dass jeder Berufszweig eine eigene Fachsprache ausbildet, ist völlig normal. Neulich habe ich beispielsweise das Dach unseres Hauses erneuern lassen und hätte mir manchmal bei Google Translate die Option „Deutsch – Dachdecker” gewünscht. Aber wohl in keiner Branche ist die Halbwertzeit von Buzzwords so kurz wie in der IT. Ich behaupte, wenn man heute einen Informatiker nach 20 Jahren Tiefkühlschlaf wieder auftauen würde, stände er ziemlich verständnislos vor dem Kauderwelsch der Branche.
In der geschriebenen Sprache hat das Netz schon tiefe Furchen hinterlassen. Texte werden ja heute eher für Suchmaschinen geschrieben als für Informationssuchende. Und so lesen sie sich oft auch. Auffallend ist aber, dass diese geschriebene Sprache auch immer stärker auf die gesprochene Sprache abfärbt. Es gibt Manager, die reden mittlerweile druckreif SEO-optimiert. Im Gegensatz zu geschriebenen Texten hört da aber nicht Google zu, sondern ein Publikum, das Verständnis als Ergebnis des Zuhörens schon gar nicht mehr erwartet. Das scheint aber niemanden zu stören, weil man in diesem Fall mit dem Smartphone seinen Geschäften, individuellem Unterhaltungsbedürfnis oder dem Hang zur Selbstdarstellung in sozialen Medien nachgehen kann.
Leichte Sprache – schwere Sprache
Fakt ist jedenfalls, dass die Kommunikation zwischen den verschiedenen Gruppen in der IT-Branche mittlerweile ziemlich vermurkst ist. Vielleicht wäre es einen Versuch wert, den Ansatz der „leichten Sprache” mit besonderem Fokus auf die Verständlichkeit in der IT anzuwenden? Mein Traum wäre es aber, mit einer Auswahl hochrangiger IT-Manager einmal die 80er-Jahre Kindersendung „Dingsda” nachzuspielen, in der kleine Kinder Begriffe erklären mussten und jedesmal, wenn aus Versehen der betreffende Begriff genannt wurde, ein „Uups” in die Tonspur geschnitten wurde. Ich würde das dahingehend erweitern, dass für jeden unverständlichen Begriff ein „Uups” eingeblendet würde und beim dritten wäre man draußen. Da würde sich schnell die Spreu vom Weizen trennen!
Gespannt wäre ich auf die Erläuterungen zum Begriff „Ambidextrie”, laut der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine der Top-Managementphrasen 2018 (gefunden in dem Blog „Ich sag mal„). Ich löse einmal auf: Eigentlich meint das „Beidhändigkeit”, also in etwa die gleiche Geschicklichkeit links wie rechts (genau, wie Lothar Matthäus mit den Füßen). Genutzt wird es als Umschreibung für ein Organisationsprinzip, das Kerngeschäft und Innovation miteinander verbindet. Links und rechts, Yin und Yang, alles gehört zusammen.
Jedenfalls bis zur nächsten Disruption. Oder so ähnlich…
Über den Autor:
Thomas Schumacher ist einer der Gründer und Geschäftsführer von Public Footprint. In über 20 Jahren in der IT hat er schon Themen vom Großrechner bis zur mobilen Datenbank professionell begleitet. Verständlichkeit und spannende Storys sind für ihn das A&O in der Kommunikation.